Spinelli 2025– Ein Jahr später: Eine Bestandsaufnahme
Im Oktober 2024 erschien an dieser Stelle ein Blog-Artikel über die Diskrepanz zwischen Planung und Realität im neuen Quartier Spinelli (Käfertal-Süd). Nun haben wir nachgehakt: Wie ging es weiter im "autoarm" geplanten neuen Stadtviertel? Auf die Frage, ob sich etwas verändert hat, lässt sich nur antworten: Wenig.
Welche Verbesserungen gibt es?
Positiv fällt auf, dass die an den Spinellipark angrenzende Leonie-Ossowski-Promenade inzwischen nur noch sehr selten beparkt ist, seit dort „Feuerwehrzufahrt“ und „Feuerwehraufstellfläche“ ausgeschildert ist und die Bußgelder dadurch erhöht werden konnten, zeigen Maßnahmen Wirkung.

Auch in der Leni-Neuenschwander-Straße ist der Gehweg seit regelmäßigen Kontrollen nicht mehr blockiert.
Merke: Es funktioniert, wenn es teurer wird.
Das wars allerdings schon an positiven Entwicklungen - die Liste der Probleme bleibt lang.
Welche Probleme bestehen weiterhin?
Unverändert ist das Verhalten vieler Falschparkender, die aus reiner Bequemlichkeit die Sicherheit der schwächeren Fußgänger:innen und Radfahrer:innen gefährden. Das Parken in der verkehrsberuhigten Zone („Spielstraße“) Völklinger Straße ist nach wie vor stark ausgeprägt. Der Kommunale Ordnungsdienst ist häufig zwei Mal täglich vor Ort und sanktioniert die Falschparkenden. Dort betragen die Bußgelder 10 Euro, was für die anwohnenden Dauerparker:innen nicht abschreckend genug zu wirken scheint. Der Eindruck entsteht, dass viele Autofahrer:innen erst dann über die Anmietung eines Stellplatzes in der Quartiersgarage nachdenken und die rund 200 Meter Fußweg akzeptieren, wenn die angesammelten Bußgelder die Kosten eines solchen Platzes deutlich übersteigen.


Das Unverfrorene daran ist, dass diese Falschparkenden aus purer Bequemlichkeit die Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer:innen gefährden. Aus Hauseingängen und über Zugangswege aus den Innenhöfen wird die Straße häufig von Kindern oder Rollstuhlfahrenden betreten, die kaum über die Motorhauben der großen Autos sehen können oder gesehen werden können. Hinzu kommt, dass die zugelassene Schrittgeschwindigkeit fast immer deutlich überschritten und sogar die Einbahnstraßenregelung häufig ignoriert wird.
Die Busspur auf dem Chisinauer Platz wird unverändert verbotenerweise für den Autoverkehr genutzt. Seit die Schule und der Einzelhändler eröffnet haben, hat sich das Problem eher noch verschärft. Der Schulweg wird für die Kinder durch den falschfahrenden und falschruhenden Verkehr extrem gefährdet. Auch für Radfahrende stellt das Kreuzen des Radschnellwegs durch Autofahrende eine Gefahr dar.
Engagement im Quartier: Die Verkehrsinitiative Spinelli
Wegen dieser Verkehrsproblematik hat sich im Jahresverlauf die Verkehrsinitiative Spinelli gebildet. Sie besteht aus circa zehn aktiven, im Quartier lebenden Personen, deren Ziel es ist, das Mobilitätskonzept für Spinelli aus der Theorie in die Praxis zu überführen. Nach mehreren Begehungen wurden die Problemstellen im Quartier zusammengestellt und dokumentiert. Es wurde auch eine offene Signal-Gruppe gegründet, in die alle Spinelli-Bewohner:innen eingeladen wurden. In dieser Gruppe gab es neben viel Unterstützung, Ideen und Diskussionen auch Eskalationen, Beschimpfungen und Bedrohungen, die deutlich machten, wie wenig geeignet solche Gruppen sind, um emotional aufgeladene Probleme zu behandeln. Deshalb hat die Initiative immer wieder zu persönlichen Treffen eingeladen, um persönlich miteinander zu sprechen.
Leider sind die eingeladenen Menschen, die der Fraktion „freie Fahrt für freie Bürger“ angehören, nicht erschienen – ebenso wenig beim von der MWSP angebotenen Mobilitätstag auf Spinelli im September. Es ist wohl doch einfacher, anonym zu meckern, als die eigene Meinung persönlich zu vertreten. Einige Privatpersonen auf Spinelli stellen über das Online-Tool weg.li zahlreiche Anzeigen gegen Falschparkende, was zu erheblichen Aggressionen im Quartier führt. Den Anzeigenden wird vorgeworfen, sie vergifteten die Atmosphäre im Quartier, würden Stasi-Methoden anwenden, denunzieren und für Missgunst und Spaltung sorgen. Dabei sei hier klargestellt: Es handelt sich um eine Täter-Opfer-Umkehr. Es sind die Falschparkenden, die Menschen gefährden, das Quartierskonzept unterlaufen, die Regeln missachten und dadurch die Lebensqualität mindern. Die Anzeigenden haben keinerlei persönlichen Vorteil – im Gegenteil, sie haben nur Scherereien am Hals. Es geht ihnen einzig und allein darum, das versprochene autoarme Quartier durchzusetzen. Selbstverständlich ist dies nicht das erste Mittel der Wahl; zuvor fanden zahlreiche Gesprächsversuche statt. Die Angesprochenen reagierten jedoch derart aggressiv – verbal und teilweise auch körperlich gewalttätig –, dass sich die Gruppenmitglieder diesen Angriffen nicht länger aussetzen konnten.
Anfang November 2025 hat die Verkehrsinitiative ein Treffen mit Lokalpolitiker:innen, Verwaltung, Polizei, MWSP und weiteren Akteur:innen durchgeführt. Circa 20 Personen nahmen an der Veranstaltung teil. Die drei Hauptproblemstellen wurden anhand zahlreicher Fotos dargestellt und es gab viel Verständnis für die Problematik. Verschiedene Lösungsansätze wurden präsentiert, diskutiert und hinsichtlich ihrer Machbarkeit erörtert. „Man werde das einmal mitnehmen“, war eine häufig genannte Antwort. Allerdings seien die städtischen Kassen bekanntermaßen leer. Eine Schranke oder ein Zebrastreifen kostet rund 50.000 Euro (Tiefbau notwendig). Stellenweise Begrünung, Markierungen oder zusätzliche Verkehrsschilder seien hingegen eher vorstellbar.
Definitiv komme im nächsten Jahr die Parkraumbewirtschaftung (oder beginnt erst deren Planung? Das ist noch unklar) sowie durchgehend Tempo 30 in der Saarbrücker Straße (Schulweg). Auch wenn der tägliche Blick nach draußen nicht ermutigend wirkt, besteht dennoch ein wenig Hoffnung, dass das Modellquartier Spinelli diesem Titel doch noch ein kleines bisschen Ehre machen könnte – bevor Menschen durch Autofahrende verletzt werden.
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