"Hocheffiziente Verbrenner"?!

Was versteht Herr Merz unter einem "hocheffizienten Verbrenner"? Energieeffizienz? CO₂-Effizienz? Oder sind doch eher ÖPNV und Fahrrad wirklich effizient?

Altes Schwarzweißbild (möglicherweise aus den 50ern?) das zeigt, wie ein Motor montiert wird
Hocheffizienter Verbrebber (Bildquelle: Rawpixel.com)

Herr Merz hat Frau von der Leyen einen Brief geschickt. Finde ich ja schön, dass auch heutzutage noch Briefe geschrieben werden, vielleicht sogar von Hand? In jedem Fall besser als eine ellenlange WhatsApp-Sprachnachricht. Aber um auf den Punkt zu kommen: Herr Merz (sponsored by the Automobillobby) will, dass „hocheffiziente Verbrenner“ auch nach 2035 noch in der EU zugelassen werden dürfen. Aber was ist ein „hocheffizienter Verbrenner“? Für die Bundesregierung ist ein hocheffizienter Verbrenner ein Verbrenner, der hocheffizient ist [1]. Wir schauen mal, ob wir das ein klein bisschen substanzvoller hinkriegen.

Die Physik spricht

Seit Jahrzehnten optimieren die besten Ingenieure der Welt (also die deutschen Autobauer) den Verbrennermotor. Selbst mit Heizöl betriebene Wärmekraftanlagen wurden auf höchste Effizienz getrimmt (ok, sie haben ein bisschen geschummelt, aber daran erinnert sich ja kaum noch jemand, oder?). Leider hat all diese Kunst nicht dazu geführt, dass in Autos weniger fossiler Sprit verbrannt wird.

Die geringen Effizienzgewinne, die beim Verbrennermotor noch erzielt wurden, wurden genutzt, um noch größere, noch schwerere Autos zu bauen, so dass sich der Durchschnittsverbrauch in den letzten 15 Jahren relativ konstant so um die 7,5L/100km hält.

Effizienter wären kleine, leichte Autos. Es gab bei VW mal den sogenannten 3L Lupo. Ist es das worauf Herr Merz abzielt? Ich bezweifle es. Aber nehmen wir mal den Lupo: Im Idealfall braucht der 3L Lupo also 3L Diesel auf 100 Kilometer. In einem Liter Diesel stecken ganz grob 10 KWh Energie. Unser Lupo benötigt somit knapp 30 KWh für 100 Kilometer. Ein Elektroauto braucht für die selbe Strecke rund 15 KWh. Ein „hocheffizienter“ Verbrenner braucht zum Antreiben eines sehr kleinen und auf das notwendigste reduzierten Fahrzeuges also immernoch die doppelte Energie eines ganz normalen E-Autos.

Das liegt vor allem daran, dass ein Verbrenner im wesentlichen eine hochkomplexe Heizung ist, die zufällig noch einen Kolben antreibt. Von der Energie, die in den Tank gekippt wird, kommen da bestenfalls 30-40% (im Realbetrieb eher 20%) bei den Rädern an. Das ist nahe an der physikalisch möglichen Grenze was hier [2] sehr schön erklärt ist.

Wenn wir unter Effizienz verstehen, wieviele Kilometer wir mit einer bestimmten Menge Sprit fahren können, sind heutige Verbrennermotoren schon hocheffizient. Die Physik wehrt sich entschieden gegen irgendwelche zukünftigen Wundertechnologien.

Der CO₂ Rucksack und CCS Wundertechnologie

Das eigentliche Ziel des sogenannten „Verbrennerverbots“ ist natürlich nicht die Energieeffizienz von Autos zu erhöhen, sondern den CO₂-Ausstoß zu reduzieren [3]. Möglicherweise geht es Herrn Merz also um CO₂-Effizienz.

E-Autos schleppen einen CO₂ Rucksack mit sich herum. Die Produktion eines E-Autos ist – vor allem aufgrund der Batterie - deutlich CO₂-intensiver, als die eines Verbrenners.

Der Rucksack ist aber bei modernen E-Autos schon nach 10 - 20.000km Fahrleistung (bei reinem Ökostrom) leer. Selbst wenn das E-Auto mit reinem Kohlestrom betrieben würde, hätte es ab ca. 100.000km Fahrleistung die Nase vorne. Sogar im ungünstigsten (und kaum realistischen) Fall kann der Verbrenner also bei weitem nicht die CO₂ Effizienz eines Stromers erreichen.

Aber da war ja noch die deutsche Ingenieurskunst… Unsere findigen Erfinder sind doch bestimmt in der Lage in den nächsten 10 Jahren eine Art CCS (Carbon Capture & Storage) für PKWs zu entwickeln, oder? Oder?

Nunja, die ersten Regeln zu EU-Flottengrenzwerten wurden im Jahr 2000 verabschiedet und 2009 präzisiert [4]. Die Hersteller wissen also seit mindestens 15 Jahren, was auf sie zukommt. Bisher ist es es ihnen nicht gelungen – trotz hoch komplexer Abgasreinigungssysteme - den CO₂ Ausstoß von Verbrennern merklich zu senken. Aber das kann sich ja vielleicht ändern?

Nur mal hypothetisch gedacht. Ein Liter Diesel verursacht bei der Verbrennung über 2,5 kg CO₂. Unser VW Lupo würde also auf 100 km fast 8 kg CO₂ erzeugen [5]. Flüssig, bei moderatem Druck gelagert, bräuchten wir dafür näherungweise 8 Liter Volumen. Für 500 Kilometer also schon einen 40 Liter Tank (bzw. eigentlich einen isolierten, zugelassenen Druckbehälter), den wir dann an der Tankstelle irgendwie entleeren müssten, wo das CO₂ weiter transportiert oder verbuddelt wird, also eine komplexe Infrastruktur benötigt. Zudem braucht die CO₂ Abscheidung Energie - viel Energie. Der Spritverbrauch würde also deutlich steigen, somit mehr CO₂ erzeugen usw… Teuer ist das Ganze natürlich auch. Klingt nach einer guten Idee? Wohl eher nicht. Auch bei der CO₂-Effizienz wird keine Wundertechnologie um die Ecke kommen - vermaledeite Physik - die den Verbrenner plötzlich hocheffizient macht.

Last Exit - die Verkehrsleistung

Bei Verkehrsplanern ist die Verkehrsleistung in Personenkilometer eine beliebte Kennzahl. Vielleicht versteht Herr Merz unter „hocheffizienten Verbrennern“ Fahrzeuge, mit einer hohen Verkehrsleistung.

Personenkilometer sind transportierte Personen * Strecke in einer bestimmten Zeit. Je mehr Personen ich in ein Auto packe, desto höher wird somit die Verkehrsleistung. Man könnte also Autos erfinden, die ganz viele Sitze haben, dann steigt die Verkehrsleistung (sofern mehr Leute einsteigen). Hoppla, das muss man gar nicht erfinden. Gibt es schon. Nennt sich Bus und gibt es auch in elektrisch. Wir müssen also durch einen Ausbau und attraktive Preisgestaltung mehr Leute dazu bringen in diesen Bus (und diese Schienenbusse - Züge, oder wie die heißen) zu steigen.

Herr Merz will sich also eigentlich für einen besseren ÖPNV einsetzen? Dann hat er das unglücklich formuliert – aber das kennen wir ja von ihm. Aber hocheffizient wäre das.

Und jetzt?

Sind wir jetzt schlauer? Was will Herr Merz erreichen? Hocheffiziente Verbrenner haben wir bereits. Entscheidende Weiterentwicklungen, die auch nur annähernd die Effizienz (sei es beim Energieeinsatz oder CO₂ Ausstoß) eines E-Autos erreichen könnten, sind völlig unrealistisch, wenn nicht physikalisch unmöglich. Ganz im Gegenteil. Effizienzgewinne sind viel eher beim E-Auto, unter anderem bei der Batterietechnologie zu erwarten.

Aber selbst E-Autos werden noch um Längen geschlagen, wenn man Fahrräder oder den ÖPNV mit in die Rechnung einbezieht. Ginge es Herrn Merz um Effizienz, würde er Radwege bauen, den ÖPNV ausbauen und billiger machen und E-Bikes fördern. Das will er aber nicht. Er suggeriert lieber dem deutschen Wahlvolk, er würde das deutsche Kulturgut des Verbrennermotors retten und reitet auf einem toten Pferd in den Sonnenuntergang.

-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-

Komm zu uns auf Signal 🤝

Unterstütze unsere Arbeit durch deine Spende  🚀

-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-=-

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf https://myoli.de/hocheffiziente-verbrenner/

[1] https://youtu.be/fGf38sN2Q1o

[2] https://heinerm.substack.com/p/hocheffiziente-verbrenner-my-ass

[3] https://www.wiwo.de/politik/deutschland/verbrennerverbot-was-bedeutet-das-verbrenner-aus-der-eu/30202822.html

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Flottengrenzwert

[5] https://rechneronline.de/co2-ausstoss/verbrennung.php