Überholabstand zu Radverkehr und verbotene Überholvorgänge

Eine häufige Unfallursache bei Unfällen mit Radverkehr sind Kfz-Fahrende, die den gesetzlichen Mindestabstand bei Überholvorgängen zu Radverkehr nicht einhalten. Verkehrszeichen 277.1 wäre eine wichtige Ergänzung.

Überholabstand zu Radverkehr und verbotene Überholvorgänge

Eine häufige Unfallursache bei Unfällen mit Radverkehr sind Kfz-Fahrende, die den gesetzlichen Mindestabstand bei Überholvorgängen zum Radverkehr nicht einhalten. Dies sind innerorts 1,5 Meter - beim Überholen von Kindern 2 Meter - und außerorts 2 Meter.

In einer Fahrradstraße gilt: Radfahrende dürfen nebeneinander fahren. Überholen ist auch dort nur erlaubt, wenn der gesetzliche Mindestabstand zu Radfahrenden eingehalten werden kann.

In Mannheim kontrolliert die Polizei leider selten Überholabstände zu Radverkehr. Noch seltener erhebt sie ein Bußgeld. Bei den uns bekannten Kontrollen in der Rheingoldstraße blieb es bei einem belehrenden Gespräch. Für den Verstoß Sie hielten beim Überholen keinen ausreichenden Seitenabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern ein wird ein Bußgeld von 30 € fällig. [1] Bedenkt man die Häufigkeit der Unfälle, die durch Nicht-Einhaltung des Seitenabstands verursacht werden und die Schwere der daraus folgenden Verletzungen bis hin zum trivial vermeidbaren Tod von Radfahrenden, wirkt die Bußgeldhöhe bizarr niedrig. Hier besteht dringender Anpassungsbedarf!

Neben tatsächlichen Unfällen spielt das subjektive Sicherheitsempfinden eine entscheidende Rolle. Zu nahes und dadurch gefährdendes Überholen hält viele Menschen vom Radfahren ab. Gerade jüngere, ältere und ungeübte Radfahrende werden durch zu knappe Überholvorgänge neben der reellen Gefährdung auch in ihrem Sicherheitsempfinden massiv beeinträchtigt und dadurch vom Radfahren abgeschreckt. Manche Straßen gelten darum bereits heute als No-Cycling-Areas wenn beispielsweise Eltern mit ihren radfahrenden Kindern die Marktstraße nicht befahren. So wird ein Wandel des Modal Split im Sinne der nachhaltigen Mobilität unnötig erschwert.

Zentrale Aufgabe der Polizei in Deutschland: Prävention

Leider fällt auf, dass in den Pressemeldungen der Polizei Mannheim präventive Hinweise fehlen. Nicht nur bei Dooring-Unfällen fehlen diese, auch bei Unfällen, bei denen Kfz-Fahrende Radverkehr an Stellen überholen, wo dies aufgrund baulicher Gegebenheiten nicht möglich ist, suchen wir Hinweise auf korrektes Fahrverhalten vergeblich. Da es in Deutschland keine wiederkehrende Führerscheinprüfung gibt und bei vielen Verkehrsteilnehmenden grobe Wissenlücken existieren, ergeben sich brandgefährliche Situationen mit teils fatalen Folgen.

Gerade erst veröffentlichte der ADFC Mannheim einen Bericht zum Unfallschwerpunkt in den Mannheimer Quadraten, darunter die Fahrradstraße in den G/H Quadraten. [2] In genau dieser Fahrradstraße wurde am 15.10.2025 auf Höhe G6/H6 ein 24-jähriger Fahrradfahrer von einem Autofahrer umgefahren und verletzt.

Der Polizeibericht: Ein 48-jähriger Mann war gegen 16.15 Uhr mit seinem Opel auf der Straße zwischen den Quadraten G 6 und H 6 in Richtung Luisenring unterwegs. Beim Überholen des Radfahrers, der in gleiche Richtung auf dem Fahrradschutzstreifen fuhr, streifte er den Radler. Der 24-Jährige stürzte daraufhin auf die Fahrbahn und zog sich dabei leichte Verletzungen in Form von Schürfwunden an Händen, Stirn und Kinn zu. ... Sowohl das Auto als auch das Fahrrad wurden durch den Zusammenprall beschädigt. Der Sachschaden wird auf rund 3.000 Euro geschätzt. [3]
Fahrradstraße G6 / H6 Mannheimer Quadrate mit Radpiktogrammen die Radverkehr in beide Fahrtrichtungen zeigen.

Da paßt leider einiges nicht zusammen. An dieser Stelle ist eine Fahrradstraße - Schutzstreifen oder Fahrradstreifen gibt es dort nicht. Ein Überholen ist an dieser Stelle mit gesetzlichem Mindestabstand physikalisch nicht möglich. Allerdings fehlt diese Information in der Pressemeldung. Wieso wurde nicht beschrieben, dass der Autofahrer dort überhaupt nicht überholen durfte? Die Pressemeldung liest sich, als wäre dort ein Überholen legal möglich. Das Gegenteil ist der Fall und der Unfall erwartbares Ergebnis, des aus guten Gründen verbotenen Überholvorgangs. Präventive Hinweise zu korrektem Fahrverhalten in Fahrradstraßen und an Engstellen fehlen.

Verkehrszeichen 277.1 in Fahrradstraße G/H wünschenswert

Das Verkehrszeichen 277.1 - Verbot des Überholens von einspurigen Fahrzeugen für mehrspurige Kraftfahrzeuge und Krafträder mit Beiwagen - schafft Klarheit an solchen Stellen. Es hilft auch, die Situation Autofahrenden zu verdeutlichen, deren Führerscheinprüfung schon länger zurückliegt und welche womöglich Gesetzesänderungen nicht aktiv verfolgt haben.
Von verschiedenen Seiten wurde die Aufstellung dieses Schildes gefordert, aber bisher von der Verkehrsbehörde immer wieder mit Verweis darauf abgelehnt, dass das Schild nicht notwendig sei, da ein Mindestabstand einzuhalten sei. Das sehen wir entschieden anders und fordern daher erneut die Aufstellung dieses Schildes an diesem Unfallschwerpunkt, um weitere Unfälle zu unterbinden und die gegenseitige Rücksichtnahme zu erhöhen. Das Schild darf in Fahrradstraßen aufgestellt werden, wenn es der Verkehrssicherheit dient, was es klarerweise würde. Insbesondere in Anbetracht der örtlichen Gegenheiten und der geringen Straßenbreite wäre ein sichtbarer Hinweis auf das geltende Überholverbot erforderlich, um den Schutz der Radfahrenden zu erhöhen. Nicht unerwähnt bleiben sollte die Tatsache, dass Fahrradstraßen für Kfz-Durchgangsverkehre ohnehin ungeeignet sind.

In Heidelberg wurde das Schild an einigen Orten aufgestellt:

Verkehrszeichen 277.1 in Heidelberg, Straße Grüne Meile in der Bahnstadt. Quelle: QEM

Es wäre ein wichtiger Schritt für Mannheim, wenn wenigstens in Fahrradstraßen eine sichere und unbehelligte Fortbewegung stattfinden könnte.

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[1] https://bussgeldkatalog.org/seitenabstand/
[2] https://mannheim.adfc.de/artikel/unfallschwerpunkt-mannheim-quadrate-i1-i2-h1-h2-und-g2-h2-g3
[3] https://presseportal.de/blaulicht/pm/14915/6139313